Behindertensegeltörn 2012

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1. Behindertensegeltörn der Lazarus Union

22. bis 29. September 2012

 

 

 

Ein Bericht von Wolfgang Steinhardt, Unionskommandant der Lazarus Union

„…wir stellen uns der Herausforderung einer immer wieder neuen Aufgabe…“ So steht es in unserem Leitbild und das war die Motivation, eine solche Aktivität zu erdenken, zu planen, zu organisieren und auch durchzuführen.

Es kommt noch ein ausführlicher Bericht von dieser außergewöhnlichen Veranstaltung mit vielen schönen Bildern.

Ich möchte mich daher nur auf einen grundsätzlichen Bericht beschränken, der auch kritisch die Probleme eines derartigen Segeltörns darstellt und auch die negativen Erfahrungen nicht verschweigen möchte. Dieser Bericht soll auch ähnliche Organisationen wir die Lazarus Union informieren, was in der Zukunft zu beachten ist und was verbessert werden kann bzw. verbessert werden muss. Er ist daher KEIN Reisebericht im üblichen Sinn, sondern beschränkt sich auf Fakten ohne „Beschönigungen“ bzw. „Wie gut wir sind“ und „Wie gut alles gelaufen ist“.

Vorausschicken möchte ich, dass ich keinerlei Erfahrungen „auf See“ habe und einem Segeltörn auf so kleinen Schiffen selbst mit sehr gemischten Gefühlen entgegengesehen habe. Allerdings hatte unser Skipper als langjähriger professioneller Segler jede Menge Erfahrungen aufzuweisen, auf die wir sehr dankbar zurückgreifen konnten und auch mussten.

Die Vorbereitungen und der Flug nach Split mit der AUA waren perfekt und ohne Komplikationen, obwohl einige zum ersten Mal geflogen sind. Die Logistik mit dem Rollstuhl klappte vorbildlich und hier ist auch ein Dank an die AUA angebracht. Sowohl in Wien, als auch in Split (unserem Reiseziel) wurden wir mit eigenen Service zum Flugzeug gebracht und wieder abgeholt.

Die Probleme begannen in der Marina, wo wir die Schiffe zu übernehmen hatten. Das größere Schiff, welches wir speziell für unsere Rollstuhlfahrerin gechartert hatten, stand nicht zur Verfügung, da es zwei Tage zuvor einen Totalschaden erlitten hatte und ein gleichwertiges Schiff nicht aufzutreiben war.

Mit großer Mühe und mit der Unterstützung der Chartergesellschaft konnte bei einem anderen Vermieter ein Ersatzschiff besorgt werden. Leider hatte dieses Schiff statt zwölf Schlafplätze nur acht Schlafplätze in vier Kojen aufzuweisen. Da aber inzwischen schon die „Crewlisten“ behördlich erfasst waren,  konnten wir nicht mehr umdisponieren und einzelne Personen austauschen.

Geplant war, eine eigene angeheuerte Besatzung für dieses Schiff einzusetzen, die auch bei der Betreuung unserer behinderten Gäste, speziell auf See, mithilft. Durch die Reduzierung der Schlafkojen war das aber nicht möglich und unser zweiter Skipper erklärte sich bereit auf seine, ihm zustehende Koje zu verzichten und entweder im Wohnraum oder auf Deck zu schlafen und auch das Schiff alleine zu führen.

Dass das nicht einfach sein wird, war mit klar, aber die EINZIGE Alternative wäre gewesen, die GANZE Crew des zweiten Schiffes wieder nach Hause zu schicken. Aber für mich gibt es keine „Probleme“ höchstens „Herausforderungen“ und so entschied ich mich, die Gegebenheiten einfach zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Natürlich wurden alle über diese Situation informiert, aber alle wollten endlich „in See stechen“.

Eine Erfahrung die wir aber (leider) machen mussten war, dass Menschen mit Behinderungen nicht als „Behinderte“ gesehen werden wollen und wie „Gesunde“ behandelt werden möchten. Aber wenn man diesen „Wunsch“ respektiert, wird dann doch immer sehr bestimmt auf die Behinderung hinweisen und „automatische Hilfeleistungen“ erwartet bzw. reklamiert.

Obwohl auf beiden Schiffen Personen waren, die auf die Hilfe anderer Mitfahrer angewiesen waren, war auf dem kleineren Schiff nach zwei Tagen „Meuterei“ angesagt. Eine Mitreisende war der Meinung, dass das „andere Schiff“ zu wenig für das Wohl des kleineren Schiffes tut und dass „…die ganze Mühe mit dem Rollstuhl nur der Crew des kleineren Schiffes aufgebürdet wird…“. Leider wurde diese „Beschwerde“ nicht direkt an mich, als Organisator herangetragen, sondern beim gemeinsamen Abendessen lauthals vor allen verkündet. Damit war zunächst einmal die bisher durchaus gute Stimmung (trotz der oben aufgezeigten Probleme) komplett verflogen und es waren lauter betretene Gesichter zu sehen.

Da die Liegeplätze der Schiffe oftmals sehr weit auseinander lagen, war es gar nicht möglich, dass hier gegenseitige Hilfeleistungen sofort möglich waren und jede Schiffsbesatzung daher „ihre Probleme“ selbst lösen müsste. Auf See ist eine gegenseitige Hilfe ohnehin nicht (oder kaum) möglich.

Eines gebe ich aber gerne zu: Die Schwierigkeiten einen Rollstuhl, oder Personen die auf einen Rollstuhl angewiesen sind und auch die Arme nur beschränkt einsetzen können, durch den steilen Niedergang an Deck und zurück zu bringen wurden absolut unterschätzt. Auch der Gang über die ca. 30cm breite Planke vom Schiff an das Ufer und vom Ufer zum Schiff, war schon für Gesunde bei ganz leichtem Wellengang eine echte Herausforderung.

Das Problem wurde daher dahingehend gelöst, dass ein Helfer mit Erfahrung im Segeln unter Tags auf dem kleineren Schiff mithalf, auch für unsere behinderten Gäste einen SICHEREN Aufenthalt an Deck zu gewährleisten und nur in der Nacht zum Schlafen auf das größere Schiff zurückkehrte. Durch diese Maßnahme waren für vier behinderte Personen fünf Helfer zur Verfügung. Dennoch konnte sich die Anfangs gute Stimmung nicht mehr einstellen, da trotz dieser Maßnahmen weiter kritisiert wurde.

Offenbar wurde erwartet, dass dieser Segeltörn eine „Luxusreise“ mit „Bedienung rund  um die Uhr“ und alle CSLI Mitglieder hätten „auf Wink bereit zu stehen“. Alle CSLI Mitglieder haben nicht nur die Reise privat gezahlt, sondern auch noch einen Teil für unsere behinderten Gäste mitfinanziert, haben ihren Urlaub dafür genommen und waren bereit immer dort zu helfen wo Hilfe benötigt wurde.  Dass aber kaum dafür ein „…bitte hilf mir…“ oder ein „…Danke…“ zu hören war, trug nicht gerade zur guten Stimmung bei den CSLI Mitgliedern bei. Auch Aussprüche  „…warum sollen wir „BITTE“ und „DANKE“ sagen, wir sind Behinderte…“ haben mich schmerzlich berührt. „Bitte und Danke“ zu sagen, ist für mich eine Selbstverständlichkeit über die ich nicht einmal nachdenke, denn das hat mit einer Behinderung nichts zu tun. Auch ist es nicht die Regel, dass gänzlich unbekannte behinderte Personen das Angebot bekommen einen solchen Segeltörn überhaupt mitmachen zu können. Immerhin hat die Lazarus Union die Kosten des Segeltörns für unsere behindern Gäste mit über 2.000.- Euro gesponsert!

Als Erkenntnis daraus ist festzuhalten, dass es sehr problematisch ist, auf so engen Raum, wie es nun einmal auf kleinen Segelschiffes der Fall ist, Personen zusammenzuführen, die sich nicht (vorher) gut kennen und deren Bedürfnisse (speziell bei behinderten Personen) man nicht oder nur ungenügend kennt. Eine „Grundfitness“ und „Grundfähigkeiten“ müssen ebenfalls vorausgesetzt werden, denn sowohl der Aufenthalt in der Kajüte als auch an Deck bei mittlerem Wellengang, kann gefährlich für Personen sein die blind oder gelähmt sind bzw. die ihre Arme nicht zum Festhalten benützen können.

Jeder unserer Gäste hat dafür einen Helfer zur Verfügung gehabt, aber es war offenbar nicht ausreichend um eine „sehr gute Stimmung“ zu bekommen. Das finde ich sehr schade, denn der Wille und die Bemühungen waren vorhanden, alles zur Zufriedenheit der Reiseteilnehmer zu bewerkstelligen.

Wir haben dennoch viele einmalige Aktionen durchführen können und die ganze Reise ist ohne Zwischenfälle, ohne Unfall und ohne die geringste Verletzung zu Ende gegangen. Über diese Aktionen erfahren Sie sicher mehr im angekündigten Bericht, welcher natürlich wieder mit vielen Bildern versehen wird.

So gesehen kann ich als Initiator, Organisator und Hauptverantwortlicher sagen, dass diese Reise dennoch ein Erfolg *) war. Ob sie allerdings wiederholt wird, bzw. wiederholt werden kann, kann ich heute beim besten Willen nicht sagen. Die Erkenntnisse DIESES Segeltörns werden aber sicherlich in einem nächsten Segeltörn einfließen.

Abschließend ein großer Dank an alle CSLI Mitglieder, die mitgeholfen haben diesen Segeltörn durchzuführen. Hier vor allem Christoph Ptak, der als höchster „nicht nautischer“ CSLI Offizier auf dem „Ersatzschiff“, durch seine unerschütterliche Ruhe sehr viel dazu beigetragen hat, dass eine echte „Eskalation“ vermieden wurde und dann doch noch alle ihren Spaß hatten und die „Attraktionen“ dieses Segeltörns mit Freude genießen konnten. Es war für alle Teilnehmer ein echtes Abenteuer mit neuen Erfahrungen!

Um aber ehrlich zu sein, hat dieser Event unsere (derzeitigen) Grenzen und Möglichkeiten aufgezeigt. Aber wenn man es nicht zumindest versucht hat, weis man nicht ob es funktioniert oder eben nicht (so wie geplant). In diesem Sinne und unserem Leitbild folgend: „…wir stellen uns der Herausforderung einer immer wieder neuen Aufgabe…“, werden wir weiter trachten, anderen Menschen eine Freude zu bereiten.

Manchmal gelingt das besser (siehe CSLI Flugtage) und manchmal halt (leider) etwas schlechter. So ist nun einmal das Leben und wir müssen es akzeptieren.

Senator h.c. Wolfgang Steinhardt
Unionskommandant der Lazarus Union
Organisator und Hauptverantwortlicher

 

 *) Hier einige schriftliche Statements (Auszüge) unserer Teilnehmer:

„…trotz der Meuterei  (die eigentlich eine Bitte war) und nach Hilfe auch von den  Passagieren des zweiten Bootes, bin ich froh mitgekommen zu sein, denn ich habe auf unserem Boot wertvolle Menschen kennen gelernt und den Segeltörn  mit ihnen genossen…“

„…wir hatten auf unserem Boot gute Laune und ein freundschaftliches miteinander Umgehen, vielleicht war sie sogar besser als auf dem anderen Boot…“

„…es ist wenig sinnvoll, auf einen Behinderten-Segeltörn lauter alte, selbst leidende Menschen mitzunehmen…trotz all dem waren es tolle Tage…“

„…für mich war diese Reise eine weitere Erfahrung, dass Menschen die selbe Situation unterschiedlich beurteilen (selektive Wahrnehmung). Mir hat der Törn Spaß gemacht…“

„…mir hat es sehr gut gefallen, wenn eine Wiederholung geplant bin ich sicher mit dabei..“

 „…ich danke herzlich für Deine großartige Organisationsarbeit und versichere, dass dieser Törn für mich unvergesslich bleiben wird…“

 

Link zum Video:

https://www.youtube.com/watch?v=jyR8rtzYnM4

 

1. Behindertensegeltörn der Lazarus Union

Bericht über den Kroatientörn 2012 aus chronologischer und nautischer Sicht.

 

 

Von Prof. Hans König

 

Geplant war dieser Törn von 22. bis 29. 9. 2012 auf zwei modernen Beneteau Einmastern, die rund 15 Meter lang sind. Beide Schiffe sollten Rollgenua und Rollgross führen, ein Bugstrahlruder besitzen und mit einer Navigation mit der neuesten Technik (vektorialem Plotter, True Wind Anzeige, elektrischer Logge und Echolot, Sprechfunk) ausgestattet sein. Beide sollten über 6 Kabinen mit 11 Kojen, enormen Diesel- und Wassertanks, mehreren WC’s und Duschen, sowie geheizten Außenduschen verfügen.

Unsere Crews, bestehend aus segelbegeisterten Neulingen, die z.T. schwer behindert, aber auch teilbehindert waren, oder so wie ich, zwar 100% behindert aber mit einiger, langjähriger, aber eingerosteter Skippererfahrung, die später hilfreich hat sein sollen, sowie zwei erfahrenen Skippern und zwei Deckshands sollten einen reibungslosen Ablauf,  bei nicht allzu schwerem Wetter garantieren.

Aber, wie das Leben so spielt, kam es anders.

Nach einem reibungslosen AUA Flug am 22.9. nach Split, mit einem eindrucksvollen Blick auf die Kornaten und die dalmatischen Inseln, landeten wir, zwar etwas verschwitzt in unseren Uniformen in der Marina Kastela in der Bucht von Split.

Dort erwartete uns die erste Katastrophe, das zweite Boot war nach Totalschaden nicht vorhanden, der kroatische Skipper erkrankt und auch kein Deckshand vorhanden. Für Wolfgang Steinhardt und unseren Hauptskipper Michael Bauer begann ein dornenvoller Verhandlungsmarathon. Endlich gelang es ihnen ein etwas  kleineres Ersatzschiff aufzutreiben und auch ein slowenischer Freund Michaels, Clement, stand als 2. Skipper bereit. Aber keine 2. Deckshand. Dann begann das Bunkern der einzukaufenden Getränke und Lebensmittel, auch nicht ganz friktionsfrei.

Aber bei welchem Törn ist so etwas einfach, wenn sich die Crew nicht kennt, die vorher aufzustellenden Lebensmittellisten nicht vereinbart und die Läden unbekannt waren. So kauften Wolfgang und seine Gattin Vera in einem Supermarkt für beide Schiffe und ich mit Dr. Auner und der Seinen in einem kleineren Supermarkt parallel ein. Wie es der Crew auf dem Ersatzschiff erging entzieht sich meiner Kenntnis.

23. 9.2012

Der Tag war sonnig, fast windstill und wir legten nach einem opulenten Frühstück, bestens bereitet von Vera und Ingrid erwartungsvoll und problemlos ab. Vorher hatte unser international berühmter Bordfotograf Hannes Hochmuth durch seine senile Bettflucht und motorischen Bewegungsdrang getrieben, die hervorragende Idee, 40 cm über meinem morgenschläfrigem Kopf um 5.30 Uhr den Radetzkymarsch mit gelenken Fingern zu trommeln. Ich überlasse dem geschätzten Leser die Ausschmückung meiner Reaktion phantasievoll auszumalen.

Erstes Tagesziel war der malerische Ort  Bol auf der Insel Brac. Unter der Habsburgermonarchie wurde die Insel Bratz, oder Brazza genannt.

Zu Mittag ankerten wir in einer malerischen Bucht gegenüber der lieblichen Ortschaft Milna. Der erste Badespaß im glasklaren Wasser und das gemeinsame Mittagessen hoben die Stimmung. Durch die enge Durchfahrt zwischen Brac und Solta, die mir noch als Soltadüse bei Bora in leidvoller Erinnerung war, motorten und segelten wir am so genannten goldenen Horn von Brac, dem bekanntesten Strand, der sich aufgrund des wechselndes Windes verschiebt und auf allen Tourismusplakaten Kroatiens bekannt ist, vorbei und erreichten den Stadthafen des pittoresken Städtchens Bol. 33 nm waren geschafft.

An Muringleinen lagen wir sicher an Hecktrossen und machten uns stadtfein. Das vorgesehene Lokal für das Abendessen, etwas außerhalb der Stadt, entpuppte sich zwar als äußerst malerisch am Strand gelegen, aber gut gemeint ist oft nicht wirklich gut. Unsere vielköpfige Seglerschar wurde mit der Meldung überrascht: „Gibt nur vier Fische“.  Nach mehrstündigem Warten, konnten dann doch noch einige Speisen aufgetischt werden. Übrigens muss man erwähnen, dass sich die Freundlichkeit des Servierpersonals ewas höher hätte sein können. Man hatte nicht den Eindruck, dass sich der Wirt über 16 unverhoffte Gäste gefreut hat.

Zurückkehrend zum Schiff überraschte uns ein Stadtfest im Zentrum der Stadt. Da wir aber dort selbst lagen, genossen wir den Beginn unseres Schlummers mit der kroatischen Version von „Island in the sun“ und anderen Ohrenschmäusen. Unsere Deckshand Andy hatte sich ein Fläschchen Kräuterschnaps gekrallt  und wie es ausging, entzieht sich meiner Kenntnis, da ich vorher die Koje aufsuchte.

24. 9.2012

Nach Ablegen von Bol segelten wir den Hvarski Kanal nach Osten. Ein starker Strom und ein fescher Blasius mit geringer Welle trugen uns schnell ans Westkap von Hvar. Bald refften wir, um nicht ganz zu stark zu krängen die Segel, rundeten das Kap und nahmen Kurs auf Palmizana. Der Autor dieser Zeilen konnte morgens durchschlafen, da seine Tschinellendrohungen an Hannes Hochmuth seine Radetzkymarschanfälle zu wiederholen, erfolgreich waren. Dafür fotografierte unser Hannes akribisch und gottvoll.  Und wurde alle fünf Minuten ob seiner Künste gelobt. Dafür verlegte er sich aufs Fliegenfangen in der Kabine und nach einem Tag konnte er schon mehrere Kilo tote Fliegen vorweisen. Taxfrei erhielt er den Titel „Bord-Nimrod“.

Die wunderschöne Insel Palmizana begleitete uns bis zu der Einfahrtsbake zur ACI Marina, trotz des starken Stroms, der mit 4 Knoten setzte und ein Gegenankreuzen unmöglich machte. Der starke Motor schob uns in die Marina und binnen weniger Minuten strömten so viele Yachten herein, dass man sich auf einen Campingplatz am Wasser erinnert sah. (11.5 nm)

Diesmal war das Restaurant Meninghello  ausgesucht worden, einige Gehminuten von der Marina entfernt. Trotzdem war es für die Rollstuhlhelfer des zweiten Schiffes nicht leicht unsere Andrea auf den Rücken der Insel zu schieben. Dazwischen lagen auch noch einige Stufen, sodass sich der Zorn der Crew des zweiten Schiffes beim – übrigens ausgezeichneten Abendessen – entlud. Dies hätte man auch dem Unionskommandanten mitteilen können, aber es kam, so wie es kommen musste, zur allgemeinen schrillen Meuterei und Verwünschungen der wenig hilfreichen Besatzung der Crew 1, obwohl sowohl unser Hauptskipper Michael und Andy kräftig am Rollsuhl von Andrea gezogen und geschoben haben!

Der Unionskommandant sah Handlungsbedarf. Unser Kamerad Andy wurde auf Yacht 2, die „Teressia Maria“ kommandiert, um den bemühten Skipper Clement zu unterstützen. Da Christoph Ptak, gemeinsam mit Josef Maria Gebel (ebenfalls mit den Händen nur beschränkt einsatzfähig) die Behinderten des Schiffes nicht vollinhaltlich effizient alleine betreuen konnten, hatte diese Rochade einen positiven Effekt. Der Autor dieser Zeilen wurde zur Deckshand erklärt, war darüber auch sehr stolz, aber später zeigte es sich (leider), dass ein jahrelang ungeübter und motorisch Behinderter nicht immer das Gelbe vom Ei darstellte. Da half auch keine Erinnerung an Atlantiküberquerungen und Großsegler. Krank bleibt halt krank.

 

25.9.2012, 13,5 nm

Der Höhepunkt unseres Törns.

Von Palmiziana drehten wir nach Südwest. Ein starker Jugo (=Süd West Wind) blies uns in Richtung Lissa (Vis) Böen bis 35 kn machten das Segeln wirklich angenehm. Bald schon hob sich die Insel Lissa aus dem Meer. Es war das österreichische Gibraltar in der Adria. Viele Bastionen sicherten die Insel mit zahlreichen schweren Kanonen bis zu 42 Pfündern. Nach der Schlacht von Königgrätz versuchte das junge italienische Königreich die Insel schnell durch eine starke, in Ancona stationierte Armada unter dem Admiral Carlo Pellion di Persano, in seinen Besitz zu nehmen. Die neue Telegrafenleitung meldete den drohenden Angriff und die österreichische Flotte unter Admiral Tegetthoff machte sich südwärts auf den Weg. Persano hatte seine Marinesoldaten ausgeschifft und die ersten Artilleriestellungen Österreichs überrannt. Da näherte sich am Horizont die österreichische Flotte. Höhnisch als Fischereiflotte mit Holzschiffen verspottet, konnte Tegetthoff die Schlachtlinie der Italiener mit Rammstössen brechen.

Tegetthoffs Flaggschiff SMS Erzherzog Ferdinand Max leitete diese Versuche. Obwohl unter einem unvorteilhaftem Winkel, rammte sie das Panzerschiff Palestro am Heck mit solcher Kraft, dass die italienischen Matrosen am Heck der Palestro gegen den Bug der Ferdinand Max geschleudert wurden. Nachdem Tegetthoff geschrien hatte: „Wer will die Flagge haben?“ rannte der kroatische Offiziersanwärter Nikola Karkovic zur Flagge, nahm sie an sich und lief unter schwerstem Gewehrfeuer auf sein Schiff zurück. Die Flagge war die erste Trophäe in der Schlacht.

Zur selben Zeit lag die Kaiser unter schwerem Feuer von hinten. Das italienische Flaggschiff Affondatore nahm an diesen Angriffen teil. Die Kaiser vermied zweimal, von der Affondatore gerammt zu werden und feuerte eine Breitseite aus kurzer Entfernung auf die Affondatore. Obwohl die Kanonen der Kaiser schwächer als die des italienischen Gegner waren und die Panzerung nicht durchschlagen konnten, richteten zwei Dutzend Geschosse bei der Affondatore beträchtlichen Schaden an. Nach einem weiteren Duell mit einem anderen Panzerschiff musste sich die Kaiser mit zerstörten Aufbauten in den Hafen von Lissa zurückziehen.

Die Seeschlacht bei Lissa. Monumentalgemälde von Alexander Kircher (Heeresgeschichtliches Museum, Wien)

Die Re d′Italia lag unter schwerem Feuer und die Palestro versuchte, ihr zu Hilfe zu eilen. Nachdem sie von der Ferdinand Max gerammt wurde, erlitt die Palestro zahlreiche Treffer. Feuer brach aus und sie zog sich zur gleichen Zeit wie die Kaiser vom Schlachtfeld zurück. Zwei andere italienische Schiffe nahmen die Palestro in Schlepp und die Besatzung wurde mit Booten von Bord gebracht. Kapitän Capellini stoppte die Räumung des Schiffes und blieb mit seiner Mannschaft freiwillig an Bord, um das Feuer zu bekämpfen.

Währenddessen erreichte die Schlacht ihren Höhepunkt. Das Ruder der Re d′Italia war beschädigt und sie wurde zum Anhalten gezwungen. Konteradmiral Tegetthoff bemerkte dies, segelte um 11:30 Uhr mit voller Geschwindigkeit (11,5 Knoten) auf sie zu und rammte die Re d′Italia auf der Backbordseite. Das italienische Schiff sank in drei Minuten und nahm 381 Matrosen mit in die Tiefe.

Symbol für den österreichischen Sieg: Der Rammstoß von Tegetthoffs Flaggschiff Erzherzog Ferdinand Max gegen das italienische Flaggschiff Re d’Italia (nach dem Gemälde von Kappler)

Persanos ganze Aufmerksamkeit sank, er setzte ständig Flaggensignale wie: „Die Flotte soll den Feind jagen, freies Manövrieren, freies Segeln“, „Jedes Schiff, das nicht kämpft, ist nicht in seiner Position“, „Folgen Sie ihrem Kommandeur in Linienformation“. Viele Kommandanten missachteten das Signal, weil sie nichts von Persanos Schiffswechsel wussten.

Gegen 12:15 Uhr war der intensivste Teil der Schlacht beendet. Die österreichischen Schiffe liefen in drei parallelen Linien nach Norden zum Hafen von Lissa. Die Italiener segelten in zwei Linien westlich der Österreicher. Einige sporadische Schüsse wurden noch bis 14:00 Uhr ausgetauscht, als man das Feuer komplett einstellte. Eine halbe Stunde später sank die Palestro durch explodierende Munition, welche durch das Feuer gezündet wurde. Nur 19 Mann von 250 überlebten.

Keine der beiden Parteien versuchte den Kampf nachmittags weiterzuführen. In zahlenmäßiger Überlegenheit, aber demoralisiert und ohne Kohle und Munition verließen die Italiener bei Sonnenuntergang das Schlachtfeld und zogen sich nach Ancona zurück. (Quelle Wikipedia).

Es erfüllte mich mit besonderem Stolz als Nachkomme eines Schiffsarztes der österreich-ungarischen Marine in die Bucht hineinsteuern zu dürfen. Unser Skipper legte souverän an der Stadtmole von Vis (Lissa) an und um 17 Uhr traten wir vor dem Schiff in voller Uniform der Marinekameradschaft „Erzherzog Ferdinand Max“ an. Nachdem Andy durch eine Erkundungsexpedition die Lage des Denkmals im Ortsfriedhof erkundet hatte, machten wir uns auf den langen Marsch um die gesamte Bucht.

Ich hatte einen Lorbeerkranz mit rot – weiß– roten Schleifen besorgt und am Friedhof von Lissa, vor dem Ehrenmal, zollten wir den Helden von Lissa einen würdigen Salut.

Die Marinekameradschaft Erzherzog Ferdinand Max hatte damit eine Zeremonie vollzogen, die ihrem Namen alle Ehre gemacht hat.

Ein stimmungsvolles Abendessen in einem, von Palmen bewachsenen Innenhof, beendeten diesen wunderschönen Tag.

26.9.2012, 13,5 nm

Lissa – Hvar – Palmizana

Das Ablegen von Lissa gestaltete sich problemlos. Noch einmal bewunderten wir beim Auslaufen die Ruinen der österreichischen Artilleriestellungen, bevor uns ein zunehmender Jugo von 3-4 Beaufort auf offener See willkommen hieß. Schnell waren die Segel gerefft, trotzdem schossen wir mit 8,5 kn dahin.

Es war das reine Segelvergnügen.  Die Welle war erst einen Meter hoch, Gischt sprühte ein wenig ins Cockpit, die Krängung bei Böen zwischen 35 und 40 kn noch erträglich. Besonders die Damen genossen den Ritt auf der Dünung. Besonders unsere Ingrid quietschte vor Vergnügen, weil sie dafür im Prater einige hundert Euro zahlen hätte müssen. Zu starke Krängung bringt zwar keinen schnelleren Vortrieb, machte aber sichtlich Spaß.

Die Mittagspause verbrachten wir in einer kleinen Bucht inmitten eines schmalen Kanals. Die Strömung setzte so stark, dass der Skipper eine listige Konstruktion einer langen Leine mit der Kugelboje ausbrachte. So konnten auch schwächere Schwimmer das Bad genießen, ohne sofort abgetrieben zu werden. Nur unsere blinde Mitseglerin, die eine großartige Schwimmerin ist, konnte, wie der Skipper, die natürliche Gegenstromanlage bewältigen.

Auch Wolfgang Steinhardt, der vorher behauptet hatte, er schwämme nur, wenn der Grund der Adria gekachelt wäre, tummelte  sich in den Fluten. Noch dazu hielt er akribisch mit seiner geliebten Videokamera auch unter und über Wasser die euphorischen Wassersprünge fest.

Dünklere Jugowolken ballten sich zusammen und es wurde höchste Zeit das Badevergnügen zu beenden. Leider zu spät, um im folgenden Wettlauf mit den einlaufenden Yachten in den Stadthafen von Hvar einen festen Liegeplatz zu gewinnen.

So  begnügten wir uns mit einer Hafenrunde, um die geschichtsträchtige Stadt mit wehmütiger Bewunderung zu genießen. Unter den Venzianern und den Österreichern hieß die Stadt und Insel bis 1918 Lesina.

So trieb uns die Strömung schnell zu der, uns schon bekannten Bake, die die Einfahrt zur ACI Marina Palmiziana bezeichnete. Wieder lagen wir in der bewimmelten Marina und die Crews strömten in die verschiedenen Restaurants. Dr. Auner, die Seine und ich zweifelten lange, welches unseren Hunger stillen sollten. Prompt fielen wir in jenes ein, in dem die vor zwei Tagen die unerfreuliche Diskussion zwischen dem 2. und unserem Schiff in stattfand und eine neue Fortsetzung fand. So haben wir uns das nicht vorgestellt.  Da nützte auch keine hochqualiative Mahlzeit, die Stimmung war wieder einmal im Keller. Dazu trug noch der unter Tito linientreu geschulte Kellner gehörig bei (Geht net, kenn ma net, hob ma net ).

Ich schwor mir, am nächsten Abend an Bord zu nachtmahlen. Denn nach einem so schönen Segeltag, wie heute, hätte man nur in Glücksgefühlen schwelgen können.

Jedenfalls zirpten die Zikaden, die Pinien dufteten und das Wasser gluckste nächtlich an der Bordwand. So, wie es sich bei einem Adriatörn gehört.

27.9. 2012, 16,5 nm

Vor uns ein kurzer, aber wunderschöner Segeltag. Der Jugo blies stetig aus Südsüdost, vor uns die Insel Solta, der Wind nahm ab und die alte Dünung brachte unsere Schiffe ins Rollen. Unter Motor tuckerten wir in eine freundliche Bucht und das mittägliche Baderitual nahm seinen Lauf. Langsam endeten die Bordvorräte und trotzdem  zauberten die Damen Ingrid und Vera ein Bordmenu, wie auf einem Luxusliner.

Nur wenige Meter weiter erwartete uns die Marina im verzauberten Ort Maslinica. Eine Traumbucht, ein paar alte Häuser, viele Konobas und Galerien. Holzkohlengefeuerte Grills wehten ihren Duft und Rauch über die Bucht, unnatürlich ging eine feuerrote Sonne unter und ließ das Wasser in allen Farben aufglühen. Einsam aus meiner Konoba dies bewundernd, wartete ich auf die Dunkelheit und kehrte an Bord zurück. Wie auf jedem Törn genoss ich ein mitgebrachtes Inzersdorfer Reisfleisch, diesmal zusammen mit Dr. Auner. Eine ruhige, stimmungsvolle Abendmahlzeit in einer romantischen Bucht.

28.9.2012, 16 nm

Maslinica (Solta). Ein bedeckter Himmel, ein schwächlicher Wind und so motorten wir nach Rogac, einem Miniort – jedoch mit einer Tankstelle ausgestattet. Dort wollten wir die Tanks füllen um den, zu erwarteten Schlangen in unserem Heimathafen zu entgehen. Prompt stauten sich bei Einlaufen in Rogac schon 14 Yachten vor uns, aber was soll´s, wir hatten ja Zeit.

Die Bucht war bezaubernd und Gott sei Dank entdeckte unser Hoffotograf Hannes eine dümpelnde Badehose in den öligen Fluten vor der Tankstelle. Jede Yacht – egal welcher Nation – wurden befragt, ob sie eine Badehose vermissten und wir hatten an Bord viel Spaß mit der Hannessischen Suchaktion. Nachdem er keinen Besitzer ausfindig machen konnte, revanchierte er sich bei den Fliegen, deren Leichen nur so haufenweise auf die Bodenplanken purzelten. Der letzte Badetraum ging zu Ende und wir machten motorvati Richtung Marina Kastela.

Ohne besondere Vorkommnisse tuckerten wir zu unserem Liegeplatz, die Charterfirma übernahm in kurzem Wege die Yacht und es ging ans Packen. Jeder ging geistig schon seine Wege. Gemeinsam verdrückten wir noch die letzten Rasnici oder Cevapcici und rückten zu letzten Nacht an Bord ein.

Am nächsten Morgen war ein zeitliches Aufstehen angesagt, denn die Putztrupps scharrten schon frühmorgens in den Startlöchern. Hannes putzte penibel  ein letztes Mal den Bildschirm des Plotters und sammelte die letzten Brösel ein. (Dies, obwohl wir eine „Endreinigung“ an die Charterfirma bezahlt haben, aber Hannes wollte keine „schlechte Nachrede“ riskieren). Die Skipper halfen uns noch das tonnenschwere Bordgepäck auf rumpelnde Karren zu verladen, alle verließen sich auf unseren Wolfgang, der die letzten Gebühren bezahlen ging und auch noch die Gepäckaufbewahrung organisierte, was ihn bei der windstillen Hitze sichtlich nicht großes Vergnügen bereitete.

Trotzdem erwartete unsere Crew noch ein Highlight – der Diokletianspalast im Zentrum von Split. Eine antike Sensation, die den Kern der heutigen Altstadt von Split bildet. So fügte noch ein kunstgeschichtliches Zuckerl die Schlagobershaube auf einer feinen Torte von blendendem Wetter, herrlichem Segelwind, unschlagbaren Naturkulissen und einem Meer, das nicht blauer hätte sein können.

Wenn auch manche/r TeilnehmerIn sich vom erwarteten Service an Bord enttäuscht fühlte, schöner konnte ein Segeltörn in der Adria nicht sein.

Prof.Hans König
Kommodore CSLI Navy Corps

 

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